von Simone Fasel
Ist es nicht schade, wenn das Training mit dem Hunderudel zu viel Stress verursacht und man es lieber gleich bleiben lässt? Oder wenn man ein schlechtes Gewissen haben muss, weil nur einer dabei sein kann und die anderen eingesperrt werden müssen?
Denn tatsächlich ist es (mit dem richtigen Vorgehen) ganz einfach, mit mehreren Hunden gleichzeitig zu trainieren. Ich zeige dir in diesem Artikel, wie du erreichen kannst, dass der Rest des Rudel ruhig auf den Einsatz wartet, während ein Hund mit dir trainiert.
Vom Chaos zu Spass – eine Schritt für Schritt - Anleitung
Das erfolgreiche Training mit mehreren Hunden basiert auf einem Perspektivenwechsel. Anstatt nur den „aktiven“ Hund im Rampenlicht zu sehen, muss man umdenken und zu Beginn vor allem den Fokus auf den wartenden Hund richten. Das Warten, obwohl ein anderer Hund direkt beim Menschen trainiert, ist die schwierigere Aufgabe und muss entsprechend gezielt aufgebaut und hochwertig belohnt werden.
Die wartenden Hunde sollten nie in eine Boxe gesperrt oder angeleint werden – sondern stattdessen lernen, dass es ihre (gut bezahlte;-)) Aufgabe ist, sich aktiv dafür zu entscheiden, auf ihrem Platz zu bleiben.
Schritt 1: Zum Liegeplatz laufen und es sich da gemütlich machen
Zuerst müssen alle Rudelmitglieder einzeln lernen, sich auf einen bestimmten Platz zu begeben und es sich dann dort gemütlich zu machen. Dort sollen sie später einmal warten, während einer der anderen Hunde trainiert.
Mittels Clickertraining (Shaping) kannst du diese neue Aufgabe deinem Hund ganz leicht verständlich machen.
Du stellt dich dazu vis-à-vis von deinem Hund - sein künftiger Liegeplatz befindet sich zwischen euch beiden. Durch diese Positionierung wird dein Hund nun sehr wahrscheinlich eine Pfote auf diesen Liegeplatz setzen (um zu dir heranzukommen). Sobald der Hund diesen Schritt tut, sagst Du „yes“ (oder was Du sonst für ein Wort nehmen magst) und wirfst ein Leckerchen hinter ihn (Achtung: Untergrund ohne Ausrutschgefahr wählen). Dies wiederholst du 3 Mal und baust dann langsam auf diesem ersten Erfolg auf, indem du nun nur noch belohnst, wenn dein Hund zwei Pfoten auf den Liegeplatz setzt. Sobald der Hund gelernt hat, mit zuerst einer, dann beiden Vorderpfoten aufs Bett zu stehen, braucht es oft nur noch ganz wenig und schon hüpft der Hund mit allen vier Pfoten auf seinen Liegeplatz.
An die Erarbeitung des nächsten Übungsziels machst du dich am besten, wenn dein Hund schon etwas müde ist. Nun soll dein Hund sich nämlich auf seinem Platz hinsetzen oder -legen. Der Erfolg hängt dabei nicht unwesentlich davon ab, wie bequem der Liegeplatz ist! Du belohnst den Hund nun nicht mehr, sobald er mit allen vier Pfoten auf den Liegeplatz gestanden ist, sondern wartest, bis er Anstalten macht, sich zu setzen oder hinzulegen (das Leckerchen wirfst du jetzt nicht mehr weg, sondern gibst es dem Hund direkt ins Maul).
Achte von nun an darauf, deinen Hund mit seinem Namen zu rufen, bevor er selber von seinem Liegeplatz herunterkommt. So gewöhnt er sich an, auf seinem Platz zu bleiben, bis du ihn heranrufst.
Schritt 2: Auf dem Platz liegen bleiben – auch wenn rundherum das Leben tobt
Geht dein Hund zügig auf seinen Liegeplatz und setzt oder legt sich da sofort hin, seid ihr bereit für die nächste Phase!
Nun geht es darum, mit dem Hund in kleinsten Schritten ein längeres Bleiben auf seinem Platz zu üben und dies auch, wenn es Ablenkungen um ihn herum hat.
Zuerst beginnst du nur damit, am längeren Warten auf dem Liegeplatz zu arbeiten. Dazu wartest du wieder bis dein Hund zu seinem Platz geht und anstatt ihm sein Belohnungsleckerchen sofort zu geben, zählst du nun innerlich zuerst auf „21 – 22“. Dann kannst du sekundenweise die Dauer immer weiter ausbauen, bis du die Belohnung gibst. Schafft der Hund 1-3 Sekunden, wartest du bei den nächsten Wiederholungen zwischen 5-10, dann 15 – 30, usw.. Probiere die Dauer immer ein bisschen mehr zu steigern - du musst aber keine absolut exakte Zeitdauer einhalten. Anstatt genau bei „34“ zu belohnen, ist es besser, dann das Leckerchen zu geben, wenn dein Hund gerade besonders gelassen wartet.
Kann der Hund ca. 2-3 Minuten bleiben (mit Zwischenbelohnungen), kommen nun auch Ablenkungen dazu. Du kannst dich zum Beispiel selber immer etwas mehr bewegen; im Raum auf- und abgehen, hüpfen, Schränke öffnen und schliessen, du kannst Spielzeug hervornehmen, Leckerchen fallen lassen, usw.
Die Kunst ist, den Schwierigkeitsgrad dieser Ablenkungen nur immer gerade um soviel zu steigern, dass es zwar eine kleine Herausforderung darstellt für den Hund, zu bleiben, er es aber möglichst in 9 von 10 Fällen trotzdem schafft.
Dieses Training solltest du idealerweise über 2 Wochen jeden zweiten Tag für 2 Minuten machen. Damit legst du eine supersolide Basis, dank der Trainingsspass fürs ganze Rudel für die nächsten Jahre garantiert ist.
Schritt 3: Ein anderer Hund beginnt, die „Ablenkung zu spielen“
Danach ist es Zeit für Schritt 3 (unser eigentliches Ziel). Dieser wird dank unserer Vorarbeit bei Schritt 1 und 2 nun fast zum Kinderspiel.
Nun beginnst du damit, während einem deiner „Liegeplatz“ – Trainings einen der anderen Hunde dazu zu nehmen. Wenn du „Frieda“ also bei einer Trainingslektion schon 3-5 Mal fürs Liegenbleiben bei verschiedenen Ablenkungen belohnt hast, lässt du „Bert“ ins Zimmer kommen und ihn eine kurze, möglichst wenig aufregende Übung machen. Z.B. „Bert – Sitz! Prima!“. Bleibt Frieda trotzdem auf ihrem Platz (und davon ist auszugehen, weil sie nun so oft dafür belohnt wurde und zu Beginn der aktuellen Trainingslektion auch noch ein paar Leckerchen zur Unterstützung ihres Gedächtnisses erhalten hatte), bekommt sie natürlich sofort eine Belohnung.
Wenn du mehr als zwei Hunde hast, ist es am idealsten, denjenigen Hund die Ablenkung spielen zu lassen, der schon am erfahrensten ist und auch über etwas Frustrationstoleranz verfügt. Denn auch wenn du immer probierst, auf alle Beteiligten zu achten, ist dein Hauptaugenmerk am Anfang auf dem wartenden Hund.
Von Training zu Training kannst du nun dazu übergehen, von Bert immer aktivere Übungen abzufragen, während Frieda auf dem Bett wartet.
Übe dies mit allen möglichen „Hundeduos“ bis dies problemlos klappt. Dann kannst Du dazu übergehen, dass zwei Hunde warten (später drei, vier... – je nach Grösse des Rudels;-)) und einer eine Übung bei dir macht.
Und so kann es dann einmal aussehen:
Problemlösungen
Gelegentlich wird sich einer der wartenden Hunde verlocken lassen, doch aufzustehen und heranzukommen. Hier ist es sehr wichtig, zu verhindern, dass der herangekommene Hund sich nach dem Aufstehen weiter belohnen kann. Dies bedeutet: die Aktion mit dem Hund, der bei dir ist, wird sofort gestoppt (du kannst diesen z.B. sitzen und warten lassen) - da jedes Weitermachen auch eine Belohnung wäre - und du gehst (absolut emotions- und kommentarlos) mit dem „Ausbrecher“ zu seinem Liegeplatz zurück und wartest da, bis er von selbst wieder raufhüpft. Sobald er dies tut, kannst du ihn ruhig loben, aber gib KEIN Leckerchen. Ansonsten würde dein Hund annehmen, er müsse nur kurz vom Bett herunter- und wieder hinaufhüpfen, wenn er schnell an ein Leckerchen kommen möchte;-).
Nun geht es an die Umsetzung mit deinem Rudel
Ich bin gespannt, ob dir dieser Artikel Lust darauf gemacht hat, das Training mit mehreren Hunden in Angriff zu nehmen? Wie viele Hunde umfasst dein Rudel und wo siehst du mögliche Herausforderungen beim gemeinsamen Training? Schreib doch unten einen Kommentar!
50% vollständig
Bei Leben mit Hunden läuft immer etwas - wenn du exklusive Trainingstipps und Angebote als Erste/r erfahren möchtest, melde dich einfach hier an: